Es gibt sog. offene Verfahrensfehler, die vom Prüfling und von anderen unmittelbar wahrgenommen werden können und sog. verdeckte Verfahrensfehler, die vor allem durch den Prüfling kaum zu erkennen sind.
Ein für eine Prüfungsanfechtung relevanter offener Verfahrensfehler kann die Unter- oder Überschreitung der in der jeweiligen Prüfungsordnung vorgesehenen Prüfungsdauer sein. Dieser Verfahrensfehler ist von dem Prüfling grundsätzlich unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, zu rügen. Denn der Prüfungsbehörde muss die Möglichkeit eingeräumt werden, den Fehler zu beseitigen. Zudem stellt die Rüge zumeist auch eine essentielle Voraussetzung dar, um den Verfahrensfehler im Rahmen einer Prüfungsanfechtung (erfolgreich) geltend zu machen.
Damit die Prüfungsanfechtung Erfolg hat, muss die Unter- bzw. Überschreitung der Prüfungszeit für das Prüfungsergebnis erheblich sein.
Nur geringfügige Unter- oder Überschreitungen der vorgegebenen Prüfungsdauer wirken sich erfahrungsgemäß nicht auf die Verlässlichkeit des in der Prüfung gezeigten Leistungsbildes eines Prüflings aus und können daher allein noch nicht zu einer Aufhebung der Prüfungsentscheidung führen (VG München, GB.v. 25.1.2021 – M 3 K 20.4193 – juris Rn. 26; VG Hannover, U.v. 12.3.2009 – 6 A 5912/08 – juris Rn. 25; Jeremias in Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018, Rn. 407). Die Grenze einer unwesentlichen Abweichung von der vorgegebenen Prüfungsdauer wird von Einzelfall zu Einzelfall anders gezogen (z.B. Überschreitung der Prüfungshöchstdauer von 12 Minuten um 5 Minuten nicht wesentlich BayVGH, B.v. 29.5.2000 – 7 ZB 00.229 – juris Rn. 8; Unterschreitung der Mindestprüfungsdauer von 20 Minuten um mehr als 10% wesentlich VG Hannover, U.v. 12.3.2009 – 6 A 5912/08 – juris Rn. 26; Überschreitung der Prüfungshöchstdauer um mehr als 50% nicht geringfügig VG Hannover U.v. 17.12.2003 – 6 A 5940/02 – juris Rn. 29; Überschreitung der Höchstprüfungsdauer um 61% wesentlich VGH BW, U.v. 12.7.1991 – 9 S 1538/91 – juris Rn. 18 f.).
VG Ansbach, Urt. v. 18.11.2021 – AN 4 K 20.02740
Zu den „verdeckten Verfahrensfehlern“ gehört beispielsweise die Rechtswidrigkeit der Prüfungsordnung oder die Überschreitung des Prüfungsstoffs. Derartige Verfahrensfehler sind vom Prüfling regelmäßig nicht zu rügen. Da diese Fehler jedoch häufig schwer aufzufinden sind, ist es oftmals wertvoll, einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen, sodass dieser einen solchen Verfahrensfehler aufdecken kann.
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